Schwarz/Weiss (1933 - 1955)
Peter Cornelius, am 6. Juni 1913 in Kiel als Sohn eines Gymnasialprofessors geboren, nahm nach dem Abitur in Kiel an der Technischen Hochschule in Darmstadt das Ingenieurstudium auf. Jedoch erwies sich schon nach wenigen Semestern – wie er es selbst formulierte – seine Liebe zu Malerei, Film und Photographie für stärker als sein Interesse an der Technik.
Als Zwanzigjähriger entschloss sich Peter Cornelius zum Kauf einer Leica, deren Renommee als Kleinbildkamera sich seit 1925 gerade erst durchzusetzen begann. Er ging zum Kieler Photographen Ferdinand Urbahns in die Lehre und arbeitete als Bildberichter für die „Kieler Neuesten Nachrichten“. Einige Zeit war auch Dr. Paul Wolff, der Pionier der Leica- und der Farbphotographie, sein Mentor.
Immer wieder aber waren es – nach seinen eigenen Worten – Seereisen, die in den fünf Jahren zwischen 1933 und 1938 zugleich Erholung und Arbeit vor einer Fülle von Bildern brachten. Diese Reisen führten ihn vor dem Kriege nach England, Marokko und Norwegen; von Spitzbergen und von den Azoren brachte er Aufnahmen mit, die aufmerken ließen. Die Zeit als freier Bildjournalist nutzte er zur Erweiterung seiner Kenntnisse in Malerei, Graphik und Architektur.
Als Funker ausgebildet, diente Peter Cornelius im Kriege in einer Divisions-Nachrichtenabteilung und wurde im Stabe als Photograph eingesetzt. Auf abenteuerliche Weise gelang es ihm, über die russische Kriegsgefangenschaft hinaus seine sorgsam gehütete Leica zu retten, die es ihm 1949, nach fast zehnjähriger Unterbrechung der Berufstätigkeit, ermöglichte, mit Presse- und Allround-Arbeit freiberuflich in Kiel wieder zu beginnen. Architektur, Industrie, Segelsport und Landschaft bezeichnete Peter Cornelius für diese Zeit als seine Hauptthemen.
Farbiges Paris (1956 - 1961)
Schon früh war die Firma Agfa (damals nach Kodak der zweitgrößte Hersteller von Fotomaterial) auf Peter Cornelius aufmerksam geworden und präsentierte ihn ab 1954 regelmäßig auf der photokina. Bei zahlreichen Ausstellungen war er nicht nur durch die Qualität seiner Fotos, sondern auch die seiner selbst angefertigten, großformatigen Prints aufgefallen. So gab die Agfa 1956 ihm den Auftrag, den völlig neu entwickelten Farbnegativfilm CN17 und dessen Bearbeitungsprozess im Labor zu Papierbildern, das Jahr vor der Markteinführung exklusiv für sie zu testen. Das war der Anlass für Peter Cornelius zielstrebig einen neuen Weg zu beschreiten, der ihn zu einem experimentierfreudigen, individuellen Wegbereiter auf dem Gebiete der Farbphotographie werden ließ. Der Schwarzweiß-Photographie entsagte er ab 1957 konsequent, um sich desto verbissener auf sein neues Medium zu konzentrieren.
Vier Jahre lang, in alljährlichen Reisen, erarbeitete sich Peter Cornelius sein „Farbiges Paris“, das 1961 in Düsseldorf als erster ausschließlich farbiger Bildband über Paris aus der Sicht eines einzelnen Photographen erschienen ist: ein Stück Geschichte der Photographie, nachdem international so bedeutsame Photographen wie Atget, Brassaï, Izis und Doisneau Ähnliches bisher nur in großartigen Schwarzweiß-Aufnahmen unternommen hatten.
Es war dennoch angesichts solcher prägenden Vorleistungen für Peter Cornelius ein riskantes, von ihm selbst kaum für durchführbar erachtetes Unterfangen, dessen Grundlagen jedoch dem deutschen Farbphotographen unvermutet internationales Ansehen einbrachte. Jacques Prévert – homme de lettre und über Frankreich hinaus bekannt – schrieb ein engagiertes Vorwort zu diesem einzigartigen Bildband.
Auszeichnungen (ab 1960)
Der schon lange vor dem Kriege als Photograph norddeutscher Landschaft führende Worpsweder Bildjournalist Hans Saebens war es, dessen Votum – nach dem Besuch einer Cornelius-Ausstellung in Kiel – 1953 zur Berufung von Peter Cornelius als erstem schleswig-holsteinischen Photographen zum Ordentlichen Mitglied der Gesellschaft Deutscher Lichtbildner (GDL) [seit 1993: Deutsche Fotografische Akademie (DFA)] führte. Die GDL zählte ebenso wie die Deutsche Gesellschaft für Photographie (DGPh), deren berufenes Mitglied Peter Cornelius seit 1960 ebenfalls gewesen ist, zu jenen exklusiven Körperschaften, die sich nur durch elitäre Zuwahl ergänzen.
Inzwischen hatte sich Peter Cornelius durch Beteiligung an Ausstellungen – z.B. an der Wanderausstellung „Abstraktion und Dokument im Farbphoto“ 1960/61 und durch eigene Ausstellungen – u.a. in Köln („photokina“), Hamburg, Berlin und Paris – weithin bekannt gemacht. Auf der internationalen „photokina“ wurde Peter Cornelius 1960, 1966 und 1968 durch Auszeichnungen geehrt.
Im gleichen Jahr 1961, in dem der Bildband „Farbiges Paris“ erschien, gehörte Peter Cornelius zu den ausgewählten sieben Farbphotographen, die mit Bild- und Textbeiträgen in dem aufsehenerregenden Bildband „Magie der Farbenphotographie“ vertreten waren, der vom Organisator der internationalen „photokina“, L. Fritz Gruber eingeleitet und von Dr. Walter Boje herausgegeben wurde. Für Walter Boje gehörte Peter Cornelius folgerichtig zu jenen zwölf deutschen Photographen, die in seinem deutschen Beitrag zur amerikanischen „Picture History of Photography“ den Photographen von Weltgeltung zur Seite gestellt wurden. „The Best Colour Photographs of the World“ heißt denn auch eine in Holland editierte Poster-Serie, in der Peter Cornelius mit dem Motiv „Seagulls“ vertreten ist.
Die Hochschule für Gestaltung in Ulm sicherte sich seit 1963 die Zusammenarbeit mit Peter Cornelius als Gastdozenten für Farbphotographie.
Farbenfrohes Kiel
Seit den fünfziger Jahren gibt es kaum eine nennenswerte Bildpublikation über Kiel oder die Kieler Woche, in der nicht auch Peter Cornelius als Bildautor genannt ist. Das gilt, wo möglich, erst recht seit dem Beginn der sechziger Jahre, seit in Illustrierten, Fachzeitschriften und Buchpublikationen die Farbreproduktion zunehmend an die Stelle von Schwarzweiß-Bildern getreten ist.
Damals begann die Zusammenarbeit Peter Cornelius’ mit dem Presseamt der Stadt Kiel. Nicht nur, dass für seine Farbphotographien in den Bildbänden „Farbenfrohes Kiel“ (1962), „Kieler Woche“ (1965), „Farbiges Kiel“ (1967) und „Olympia der Segler“ (1971) das Wort gilt, das Karl Rickers in seinem Nachwort prägte – „Er hat Kiel aufgewertet, indem er die spezifische Farbigkeit dieser angeblich grauen Stadt erschloss“ -, Peter Cornelius hat es auch verstanden, seine inzwischen arrivierten jüngeren Kollegen – Thomas Höpker (1963), Horst H. Baumann (1964), und Jesper Høm (1965) für Aufgaben in Kiel zu gewinnen und zu begeistern.
Der Farbphotograph
Peter Cornelius Verbundenheit mit Kiel, wo er trotz verlockender Möglichkeiten ansässig geblieben ist, brachte es mit sich, dass er sich immer wieder von der Segelatmosphäre der Kieler Woche faszinieren ließ; „faszination“ ist daher kein zufälliger oder willkürlicher Titel für die Reihe seiner großformatigen Wandkalender mit farbigen Augenblicksbildern vom Segelsport, die seit 1967 alljährlich im Verlag der „Yacht“ erschienen sind. Dennoch hat sich Peter Cornelius immer dagegen verwahrt, als „Segelphotograph“ abgestempelt zu werden – und ein Blick über sein gesamtes Lebenswerk gibt ihm recht.
Peter Cornelius war besessen von der doppelt schwierigen Aufgabe des Farbphotographen, wie er sie für sich akzeptierte: „die entscheidende Farbauswahl im entscheidenden Moment“ zu treffen. Niemals ging es ihm um ein pures, vermeintlich „richtiges“ Abbild der „Wirklichkeit“; ihm ging es um Steigerung der Farbsensibilität des eigenen Auges und um die Steigerung der Farbe im fertigen Bild, so wie er sie im entscheidenen Moment gesehen und ausgewählt hatte; er spottete über den Ehrgeiz der Vielen, deren höchstes Ziel „natürliche Wiedergabe“ heißt; er maß die Ergebnisse seiner geduldigen und präzisen Dunkelkammerarbeit nie am Bildgegenstand, immer aber an der verlässlichen eigenen Farberinnerung an den Augenblick seiner Faszination.
Peter Cornelius starb am 5. September 1970 an den Folgen eines Autounfalls auf dem Wege nach Schilksee. [...]
Jan S. Kunstreich, Kiel, 1970
Nachrufe
„Von allen Photographen, die ich kenne, und das sind nicht wenige, war Peter Cornelius – gemessen an seinem Können und seiner Ausstrahlung – der bescheidenste. Er machte nicht auf „Künstler“, er machte nur gute Photographien. Nur?
Die Begegnungen mit seinem Werk waren und sind beeindruckend und unverwechselbar. Und irgendwie immer positiv. Natürlich wurde sein Hauptthema von seiner Heimatstadt Kiel und deren Meeresnähe geprägt. Die See, Segelboote, der Himmel, diese drei Ingredienzien verstand er zu brillanten Bildern zu gestalten. Voll Frische, Dynamik und Dramatik sind diese Photographien, bei denen Farbe keine Zugabe, sondern das eigentliche schöpferische Ausdruckselement war.
Aber auch das alte Paris mit seinen verhaltenen, romantischen Tönungen liebte er und verstand es mit der Kamera aufzuspüren und zu dokumentieren. Es war ihm gewissermaßen ein wärmender seelischer Gegenpol zur Kühle des vertrauten Nordens. Auch davon sprechen viele seiner Bilder.
Insgesamt verschmolzen Kontraste bei ihm zu beruhigender aber auch anregender Harmonie. So war er, ein Photograph von Rang, ein Augenmensch, dem Leben und seinen Genüssen durchaus zugetan. Und ein guter Freund.
Durch seinen Tod haben wir viel verloren. Doch seine Bilder werden ungealtert fortbestehen; so zeitbedingt sie sein mögen, sie besitzen zeitlose Gültigkeit.“
„Photos sind leicht verderbliche Ware. Sie sind gemeinhin ‚zum alsbaldigen Verbrauch‘ bestimmt, sind zum Veröffentlichtwerden und Vergessenwerden gemacht. Warum ist das bei den meisten Bildern von Peter Cornelius nicht so? Vielleicht weil er in seiner Arbeit kompromisslos bis zur Sturheit war, weil er ohne Spekulation auf modische Gags und raschen Erfolg gearbeitet hat, weil er solider Handwerker war, weil er mit dem Kopf photographiert hat und sein Herz darüber nicht vergaß.“